Die erfolgreiche Arbeit basiert auf einem individuell angepassten Coaching

Die Koordinierungsstelle wird als Projekt vom niedersächsischen Sozialministerium gefördert - im Sommer steht eine erneute Beantragung an
Wesermarsch/Friesland. Der Erfolg eines Unternehmens basiert auf einem motivierten Mitarbeiterteam. Vielfach spielen für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz nicht nur die Bedingungen in der Firma eine Rolle, sondern private Belange sind ebenfalls eine wichtige Stellschraube und müssen als „Gesamtkonzept“ gedacht werden. Diese Erfahrung teilen viele Arbeitgeber und sind heute mehr denn je gefordert, mit flexiblen Lösungen die Zufriedenheit der Beschäftigten zu erhöhen. Susanne Herbst, Leiterin der Koordinierungsstelle Frauen und Wirtschaft Jade-Weser, weiß aus langjähriger Erfahrung, wo der Lösungsansatz für beide Seiten liegt.
Wirtschaftsförderung: Die Ko-Stelle ist jetzt seit fünf Jahren im Landkreis aktiv. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Beratung und einem individuellen Coaching für die berufliche Orientierung der Frauen. Mit welchen Fragen kommen die Frauen zu Ihnen?
Susanne Herbst: Eine Frage, die immer wieder kommt, ist: Reicht meine Qualifikation, wenn es um Neuorientierung geht? Wenn ja, dann schauen wir gemeinsam kritisch auf mögliche Weiterbildungsangebote, das Preis-Leistungsverhältnis, die Inhalte und das Abschlusszertifikat. Ein anderer Punkt ist: was kann ich mit meinen bereits vorhandenen Qualifikationen und persönlichen Fähigkeiten anfangen mit Blick auf die berufliche Weiterentwicklung? Es gibt immer drei verschiedene Perspektiven in den Beratungen: die Frau sucht eine ganz neue Arbeitsstelle, wenn es um den Wiedereinstieg geht, sie möchte sich im Unternehmen verändern oder womöglich einen kompletten Wechsel in eine andere Branche vollziehen.
Wirtschaftsförderung: Der Arbeitsmarkt hat sich zu Gunsten qualifizierter Kräfte gewandelt, die wählen können. Haben die Arbeitgeber diese Veränderung bereits wahrgenommen?
Susanne Herbst: Ja und zwar deshalb, weil sie nicht mehr die qualifizierten Kräfte am Arbeitsmarkt finden und Stellen unbesetzt bleiben. Aber sie haben den Zusammenhang noch nicht erkannt, dass sie die Arbeitsplatzbedingungen anpassen müssen, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Das bedeutet: die Arbeitgeber müssen sich anstrengen, um qualifiziertes Personal zu finden und zu binden.
Wirtschaftsförderung Wesermarsch: Was raten Sie den Unternehmen, um im Wettbewerb um qualifizierte Frauen oder Arbeitskräften erfolgreich zu sein?
Susanne Herbst: Die Unternehmen müssen gute, familienfreundliche Angebot machen. Dazu gehören: flexible Arbeitszeitmodelle, angemessene Vergütung oder auch erfolgsorientierte Prämien. Aber das reicht heute nicht mehr. Es braucht außerdem die individuelle Wertschätzung der jeweiligen Arbeitsleistung. Untersuchungen belegen, dass Wertschätzung viel wichtiger ist als die Vergütung. Für den Arbeitgeber bedeutet das: Leistungen sind in der persönlichen Ansprache zu formulieren, es gilt Vertrauensspielraum zu geben, den einzelnen in Entscheidungen mit einbeziehen, damit der Mitarbeitende seine Erfahrungen einbringen kann, seine Expertise. Man agiert dann auf Augenhöhe miteinander.
Wirtschaftsförderung Wesermarsch: Mit Blick auf die Schwerpunktbranchen Industrie und Handwerk zeigt der Arbeitsmarkt in der Wesermarsch vor allem für Männer attraktive Karrierechancen. Sehen Sie das auch so? Und wenn ja, was raten Sie Frauen, die sich als Führungskraft hier im Landkreis weiterentwickeln wollen?
Susanne Herbst: Ja, es stimmt, wir haben in der Wesermarsch einen eher männerorientierten Arbeitsmarkt. Ich rate daher den Frauen: steigt selbstbewusster mit euren Qualifikationen in den Ring, statt sich zu verstecken. Sie müssen mutiger sein und sich anbieten, selbstbewusst vermarkten. Genau daran arbeiten wir in unseren Workshops, nämlich das Selbstmarketing zu verbessern.
Wirtschaftsförderung Wesermarsch: Die Ko-Stelle wird als Projekt durch das niedersächsischen Sozialministerium gefördert. Vor den Sommerferien steht die Beantragung für eine vierte Fortsetzungsphase an, die das Angebot bis 2025 gewährleisten wird. Welche Rolle nimmt die Ko-Stelle in der Zusammenarbeit mit Partnern wie die Agentur für Arbeit ein?
Susanne Herbst: Unsere Einrichtung ist eine willkommene und notwendige Ergänzung zu den Angeboten der Agentur, weil Frauen nach ihren individuellen Fähigkeiten und Wünschen in Beschäftigung gebracht oder gehalten werden und nicht nach den Gegebenheiten des Marktes. Daher ist unser Coachingangebot so wertvoll.
Die ratsuchenden Frauen schätzen diese persönliche Beratung sehr, in einer immer digitaleren Welt. Wir verweisen nicht nur auf Informationsquellen, sondern nutzen die Möglichkeiten der Ko-Stelle mit den Angeboten von Beratung und Workshops zur individuellen Weiterentwicklung und im Ergebnis erreichen wir eine optimale Positionierung am Arbeitsmarkt. Das können wir sogar mit unserer Statistik belegen!
Wirtschaftsförderung Wesermarsch: Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Raphaela Gerdes-Schmidt (links) und Susanne Herbst stellten kürzlich das neue Workshopprogramm der Ko-Stelle vor. (Foto: Merle Ullrich)